Das Privacy Magazine "prima" wird vom Berliner Datenschutzbeauftragten zusammengestellt und herausgegeben. Die regelmäßigen - an Wochentagen täglichen - Ausgaben enthalten eine Übersicht von datenschutzrelevanten Berichten der (von uns) ausgewählten Berliner und überregionalen (deutschen) Presse.

Abkürzungen der ausgewerteten Tageszeitungen

Ausgabe vom 12. Januar 1999

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"Polizeireform geht in die nächste Stufe
Zwei weitere Direktionen werden umstrukturiert / Behörde verkauft einen Teil ihrer Immobilien ... Das Berliner Modell soll noch in diesem Jahr auf zwei weitere Polizeidirektionen ausgedehnt werden. ... Seit knapp einem Jahr wird diese neue Organisationsstruktur bereits in der für Kreuzberg und Neukölln zuständigen Polizeidirektion 5 erprobt. Mit dem Modell wurden Aufgaben, die bisher von der Kriminalpolizei bearbeitet wurden, auf die Schutzpolizei übertragen, um auf diese Weise die Kripo zu entlasten. Die Schutzpolizei erhielt einen erweiterten Aufgabenbereich, der vorsieht, daß die uniformierten Polisten einen Fall vollständig bearbeiten - von der Aufnahme der Anzeige bis hin zur Zeugenbefragung und Täterermittlung. Dafür wurden mobile Computer beschafft, deren Einsatz bisher immer an einer nicht ausgereiften Software krankte ... Nicht selten brach das Programm zusammen, und die von den Beamten in mühsamer Arbeit eingegebenen Daten waren verloren. ... Eine von der Behörde beauftragte professionelle Software-Schmiede erstellte jetzt für 60 000 Mark ein auf die Belange des Berliner Modells zugeschnittenes Programm, das in den nächsten drei Wochen auf Herz und Nieren getestet werden soll. ... Im ersten Halbjahr 1999 soll das Modell auf die Polizeidirektion 4 (Zehlendorf, Steglitz, Schöneberg, Tempelhof) ausgedehnt werden. ... Im zweiten Halbjahr 1999 wird das Berliner Modell auch auf die Polizeidirektion 7 (Prenzlauer Berg, Weißensee, Hohenschönhausen, Marzahn, Hellersdorf) übertragen." Tsp. 12.1.99 S. 10

"Verhältnis von Kripo und Schutzpolizei gestört
Polizeireform: Kriminalbeamte bemängeln Ausbildungsstand und EDV-Umgang ihrer Kollegen ... Aus der Sicht von Polizeiführung und Innensenator ist das Berliner Modell, das seit Februar 1998 in der Direktion 5 (Kreuzberg/Neukölln) erprobt wird, ein voller Erfolg. Nach Meinung von Kripobeamten hat sich die Situation hingegen eher verschlechtert. Alles gehe 'drunter und drüber'. Tragbare Copmuter gebe es auch nach einem Jahr noch nicht genug, und Laptop und Drucker seien häufig nicht kompatibel. Da auch die Software zwischendurch immer noch abstürze, machten sich die Beamten vor Ort noch wie vor handschriftliche Notizen." Tsp. 12.1.99 S. 10

"Mehr Aufklärung ohne Uniform
Innensenator Werthebach zog gestern eine positive Zwischenbilanz des Berliner Modells, räumte aber auch Schwierigkeiten ein." taz 12.1.99 S. 18

"Keine Alternative zum Berliner Modell
Trotz Schwierigkeiten Erweiterung geplant" BerlZtg 12.1.99 S. 20

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"Prozeß gegen Bande von Autoschiebern
Auch ein Anwalt und ein Polizist sind angeklagt ... An die Namen und Anschriften der Fahrzeughalter sollen die Diebe durch die Hilfe eines Polizisten gekommen sein, der die Informationen dem Polizeicomputer entnahm." BerlZtg 12.1.99 S. 21

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"Reform der Geheimdienstkontrolle verzögert sich
Die PDS wird künftig die Geheimdienste der Bundesrepublik mit kontrollieren. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß der Ex-Spion Rupp in ihrer Bundestagsfraktion mitarbeiten wird ... So stößt die beabsichtigte Zusammenlegung der bisherigen Kontrollgremien für die verschiedenen Geheimdienste in einem Ausschuß für Nachrichtendienste ebenso wie die Ausweitung der Kontrollbefugnisse für die Abgeordneten auf Widerstand im Innenministerium. Doch gibt es auch Bestrebungen, bei der anstehenden Reform eine 'Sicherheitslücke' in der Kontrolle der Arbeit des Bundesnachrichtendienstes (BND) zu schließen. Das Bundesverfassungsgericht verhandelt derzeit über die Zulässigkeit der elektronischen Satellitenaufklärung des BND. Möglich, daß das Gericht die Kontrolle über die Aufbewahrung, Vernichtung und Weiterleitung der dabei gewonnenen Daten und die Mitteilung an die Betroffenen solcher Maßnahmen rügen wird." taz 12.1.99 S. 7

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"Münchener Polizei erwägt Alkoholverbot
... Informationen über auffällige Beamte sollen künftig zentral erfaßt werden, um 'problematische Tendenzen auf Dienststellen' frühzeitig zu erkennen, so Koller gestern. Außerdem erwäge er ein absolutes Alkoholverbot im Dienst und die Gründung einer Kontrollgruppe, die Reviere unangemeldet besuche." taz 12.1.99 S. 6

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"ECHELON - GLOBALE ÜBERWACHUNG UNTER DER REGIE DER USA / Unter Freunden gibt es keine Geheimnisse
Mit einem Jahresbudget von 26,7 Milliarden Dollar - genausoviel wie zu Zeiten des Kalten Krieges - sind die amerikanischen Nachrichtendienste die bestdotierten der Welt. Dank ihrer strategischen Bündnisse und einer leistungsstarken Technologie sind sie in der Lage, den weltweiten Fax-, Telex-, E-Mail- und Telefonverkehr routinemäßig abzuhören. Der eigentliche Trumpf der Vereinigten Staaten ist jedoch die bereitwillige Zusammenarbeit der Polizei- und Streitkräfte anderer Länder, die ihre Überwachungsaufgaben weit ernster nehmen als die Freiheitsrechte der Bürger.
... Der neuseeländische Forscher Nicky Hager hat in zäher Kleinarbeit aufgedeckt, daß die USA seit den achtziger Jahren ein weltumspannendes Überwachungssystem mit den Namen 'Echelon' betreiben. Seine Untersuchung ... zeichnet im einzelnen nach, wie die National Security Agency (NSA), einer der weniger bekannten US-Geheimdienste, seit fast zwanzig Jahren sämtliche internationalen Kommunikationswege belauscht ... . '... Die Horchstationen belauschen den Kommunikationsverkehr, der an die rechtmäßigen Bodenstationen gesendet wird, und durchforsten ihn mit Hilfe von Computern nach vorprogrammierten Adressen oder Schlüsselwörtern.' ... Im Moment wird zum Beispiel jedes Telefongespräch, jedes Fax und jede E-Mail identifiziert, aufgezeichnet und ausgewertet, in denen Worte wie 'Terrorismus', 'Drogen', 'Guerilla' oder Namen wie 'Castro', 'Gaddafi' und 'Saddam Hussein' vorkommen. ... Das zweite grundlegende Merkmal von Echelon besteht darin, daß, anders als bei 'klassischen' Lauschangriffen, nicht mehr bestimmte Telefon- und Faxnummern oder E-Mail-Adressen überwacht werden, sondern mittels Schlüsselwörtern der gesamte Kommunikationsverkehr. Dieser nachrichtendienstlich sicher vielversprechende technische Aspekt führt jede Datenschutzmaßnahme ad absurdum und macht es unmöglich, die Zielperson des Lauschangriffs durch vorherige gerichtliche, militärische oder politische Entscheidungen präzise zu bestimmen: Abgehört wird potentiell jeder, der ein Wort aus besagten 'Wörterbüchern' benutzt. Mißbrauch ist dabei unvermeidlich. ... Angesichts der Undurchsichtigkeit dieser ständig weiterentwickelten Systeme sehen sich die Verfechter frei zugänglicher Kodierungstechnologie in ihren Überzeugungen bestärkt. Massiv machen sie gegen das US-Projekt 'Clipper-Chip' mobil, der eine sichere, von der NSA allerdings abhörbare Datenübertragung ermöglichen soll. Von interessierter Seite wird diese Kampagne unter dem Motto 'Schutz der Privatsphäre' als 'ultraliberal' beschimpft: Man behindere Polizei und Armee beim Aufspüren von Kinderschändern und Terroristen. ... Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, konnte die US-Regierung die 33 Signatarstaaten des Wassenaar-Abkommens von 1996 über Waffenexportkontrolle am 3. Dezember 1998 davon überzeugen, daß die Vereinbarung auch für die Verschlüsselungstechnologie gelten soll, die außer in den Vereinigten Staaten und Frankreich bisher nicht als 'Kriegswaffe' eingestuft wurde. ... Welche Ironie der Geschichte! Zuerst werfen sich die Vereinigten Staaten zum Vorkämpfer des Laissez-faire auf allen Kommunikationsnetzen auf und wollen im Namen des elektronischen Handels nichts von einer Besteuerung der 'Datenautobahnen' oder einer Beschränkung der Weiterverwendung personenbezogener Daten wissen - und dann wird auf einmal Regulierung ganz groß geschrieben, soll ein Instrument verboten werden, das den Schutz der Privatsphäre und die Sicherheit des Kommunikationsverkehrs erhöht, zugleich allerdings die Überwachungsmöglichkeiten der Vereinigten Staaten einschränkt. ... Erinnert sei nur an ... die erst kürzlich bekanntgewordene Existenz eines Echelon vergleichbaren französischen Abhörsystems. ... Auch der Bundesnachrichtendienst (BND) soll daran beteiligt sein. ... Das 1995 verabschiedete EU-Memorandum über 'die rechtmäßige Überwachung des Fernmeldeverkehrs' verlangt von jedem Kommunikationsanbieter die feste Einrichtung einer Abhör-Schnittstelle, die nicht nur den Zugriff auf die Inhaltsdaten der Kommunikation ermöglicht, sondern auch auf die Telefonstammdaten, die Gesprächsvermittlungsdaten und Bewegungsdaten der Teilnehmer, selbst wenn keine Verbindung zustande kommt. ... Auch die Direction Generale des Postes et Telecommunications (DGPT) vertritt die Auffassung, daß 'alle Kommunikationsnetze überwachbar sein müssen'. In den Niederlanden und den Vereinigten Staaten sind Gesetze in Ausarbeitung, die die diesbezüglichen Pflichten der Internet-Provider regeln. ... Und der Präsident der französischen Datenschutzbehörde 'Commission Nationale de l'Informatique et des Libertes', Jacques Fauvet, erläutert: 'Aufgrund der durchaus legitimen Befürchtung, die Verwendung von Mobiltelefonen in Verbrecherkreisen könnte die Polizei ins Hintertreffen bringen, muß jeder Käufer einer Prepaid-Card, die eine Handy-Benutzung ohne Abonnement ermöglicht, beim Kauf seinen Personalausweis vorlegen. Die Personendaten werden registriert, und jeder Käufer wird damit zum Verdächtigen." LE MONDE DIPLOMATIQUE die tageszeitung / WoZ - Januar 1999 - S. 12/13

"Nationale Sicherheitsagentur für die eigenen Bürger
Von PATRICK POOLE
(Patrick Poole ist Stellvertretender Direktor des Center for Technology Policy in Washington DC)
... Die NSA wurde 1952 von Präsident Harry Truman per präsidialer Verfügung gegründet, die bis heute der Geheimhaltung unterliegt und deren Existenz bis 1957 von der US-Regierung sogar glatt geleugnet wurde. Die Aufgabe der NSA bestand ursprünglich darin, den Funkverkehr zu überwachen (Sigint: signal intelligence) und die Sicherheit der Kommunikationswege zu gewährleisten (Comsec: communications security). Unter Präsident Ronald Reagan kamen zwei weitere Aufgaben hinzu: Garantie der Sicherheit der Informationssysteme (1984) und die Agentenausbildung (1988). ... 1975 sagte Lew Allen aus, die NSA habe mehr als 3 900 geheimdienstliche Berichte über US-Bürger angefertigt. Darüber hinaus hatte das Office of Security Services der NSA zwischen 1952 und 1974 Aktenmaterial über mindestens 75 000 Amerikaner gesammelt."

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